KI ist überall. Was einst als abstrakter Gedanke begann und für den Normalverbraucher nicht viel mehr als ein Science-Fiction-Konzept war, zu dem nur die schlausten und wichtigsten Köpfe der Wissenschaftswelt Zugang hatten, hat sich längst als integraler Bestandteil des täglichen Lebens etabliert.
Sei es in Bildung, Gesundheit oder der Automobilindustrie – Künstliche Intelligenz hat ihre Finger heute in fast jedem Sektor im Spiel und Plattformen wie ChatGPT und Character AI sind für die breite Masse frei zugänglich.
Doch welche Chancen und Möglichkeiten bietet KI eigentlich für Marketing und Vertrieb und wie kann sie dabei helfen, Geschäftsprozesse zu automatisieren und optimieren? Wir haben uns für Euch auf die Suche nach Antworten begeben.
Brettspiele und Maschinentexte
Im Jahr 2024 haben sich KI-Programme wie ChatGPT und QuillBot, deren Stärke in der Erstellung qualitativ hochwertiger Texte liegt, als immense Erleichterung für den beruflichen Alltag erwiesen. Die allererste solcher Anwendungen gab es aber bereits im Jahr 1951. Damals entwickelten Forscher der Universität Manchester den Computer Ferranti Mark I, der eine eher ungewöhnliche Funktion hatte: Dame spielen.
Als Kontrahent in einem Brettspiel wird Künstliche Intelligenz heutzutage eher weniger eingesetzt, nimmt vor allem in Marketing und Vertrieb aber eine wichtige Rolle ein.
Der Kunde ist König
Wie sagt man so schön: Der Kunde ist König – und vor allem dank KI dürfte dieser Leitfaden bei vielen Unternehmen künftig noch mehr in den Vordergrund rücken.
Mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz durchlebt der Kundenkontakt einen positiven Wandel, da KI wesentlich zur Individualisierung der Kundenansprache beitragen kann. Von einer Werbeanzeige oder einem Angebot „direkt“ angesprochen zu werden, erzeugt das Gefühl, dass ein Produkt oder ein Unternehmen für einen selbst wie maßgeschneidert ist – und dürfte in langer Sicht zu größerem (Kauf-)Interesse führen als bei den unpersönlichen und distanzierten Anzeigen, die Millionen von potenziellen Kunden gleichzeitig auf Instagram und Co. ausgespielt werden.
Etwas völlig Neues ist die Personalisierung von Anzeigen mittels KI aber keineswegs. Der Streaming-Gigant Netflix macht Usern Film- und Serienvorschläge basierend auf ihren zuvor abgespielten Formaten und die Musik-Plattform Spotify erstellt individuell zugeschnittene Playlisten – und hat 2023 sogar einen sogenannten „AI DJ“ in ihr Angebot integriert. Auch bei Amazon ist personalisierte Werbung derweil schon lange im Einsatz – lässt sich in den Kontoeinstellungen aber abschalten.
Please hold the Line…
Wer kennt es nicht: Man hat eine dringende Frage an den Kundenservice und versucht verzweifelt, einen Mitarbeiter zu erreichen – muss oft aber lange warten, bis endlich ein passender Ansprechpartner gefunden ist. In der Warteschlange am Telefon sitzen, monotoner Musik lauschen und Nägel kauen – das könnte es dank KI bald zum Glück nicht mehr geben.
Durch den Einsatz von KI-basierten Chat- und Voicebots können einfache Anfragen schnell und automatisiert beantwortet werden. Bei allen Problemen kann Künstliche Intelligenz zwar nicht helfen, jedoch können die verschiedenen Applikationen eine Vorauswahl treffen und die Kundenanfragen in Problemkategorien einteilen, die dann an die entsprechenden Customer Service Agenten weitergeleitet werden. Auch beim Formulieren einer Antwort können die Bots den Mitarbeitern im Kundendienst unter die Arme greifen – und machen die Lösung eines Problems für alle Beteiligten wesentlich angenehmer.
Eine Zauberkugel
KI ist alles andere als Hexenwerk – in die Zukunft blicken können Unternehmen dank Künstlicher Intelligenz aber gewissermaßen trotzdem.
Zum einen kann Künstliche Intelligenz einen wertvollen Beitrag im Bereich Predictive Analytics leisten und Vorhersagen zum Zahlungsverhalten von Kunden im Inkasso-Prozess oder Forderungsbeitreibungsprozess treffen, wie uns Dr. Kevin Yam, Chief Innovation and Technology Officer der coeo Group, im Interview erklärt. Zum anderen kann KI durch die Analyse von Kundendaten, wie deren vergangener Transaktionen, Verkaufsprognosen treffen und das Kaufverhalten eines Kunden so in gewisser Weise „vorhersagen“.
Unabdinglich ist KI zudem im Rahmen der Abwanderungsvorhersage, oder „Churn Prediction“ – und kann helfen zu erkennen, welche Kunden kurz vor dem Absprung stehen und dabei helfen, dass diese dem Unternehmen erhalten bleiben.
Einen Blick in die magische Glaskugel werfen – was nach den Märchen der Gebrüder Grimm klingt, dürfte dank KI in nächster Zeit immer mehr zur Realität werden.
Mensch am Steuer, KI am Ruder
Im Vertrieb erweist sich Künstliche Intelligenz schon jetzt als große Hilfe und Stütze beim Tagesgeschäft. „Wir haben viele repetitive Aufgaben, die innerhalb der nächsten vier Jahre verschwinden werden“, erklärt uns Bilal Zafar, Gründer von Deutschlands größer Online-Plattform für Bewerbungen, richtiggutbewerben.de. „Praktikanten- oder Assistenzaufgaben, Excel-Listen – Sachen, für die eine KI uns auslachen würde.“ Mitarbeitern dürfte das die Chance geben, sich gezielter und effizienter auf die reinen Verkaufstätigkeiten zu konzentrieren.
Spürbar dürfte der Einfluss von KI auch im Rahmen des Customer Lifetime Value (CLV) werden – dem individuellen Wert einer jeden Kundenbeziehung in einem Unternehmen. Künstliche Intelligenz sammelt Daten wie Kaufverhalten und Surfgewohnheiten und kann Prognosen zu den CLVs neuer Kunden machen, indem es Informationen wie deren erste Bestellungen sichtet.
Am Steuer eines Unternehmens steht so zwar nach wie vor der Mensch und weist den Weg, einen Großteil der müßigen Ruderarbeit übernimmt aber die KI.
Der Mensch bleibt Mensch
Viele der fiktiven Geschichten, in denen es um künstliche Intelligenz geht, verlaufen nicht gerade erfreulich und enden in dystopischen Weltuntergangs-Szenarien. Für die KI, mit der wir es im Jahr 2024 zu tun haben, gilt aber: Sie dient nicht als Ersatz für den Menschen, sondern lediglich als Support und unterstützendes Werkzeug. Auch in Marketing und Vertrieb übernehmen Mitarbeiter aus Fleisch und Blut nach wie vor die zentralen Aufgaben und stehen im Kern der alltäglichen Geschäftsprozesse – können ihre Arbeit dank der vielen verschiedenen KI-Anwendungen aber entsprechend neu ausrichten und fokussieren.
„Wir sollten die KI-Dirigenten sein, die den Assistenten sagen, was zu tun ist“, betont Dr. Christian Temath, Geschäftsführer der zentralen Kompetenzplattform KI.NRW, „Und nicht die KI uns sagen lassen, was wir tun sollen.“ Künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch – und das rasend schnell. Was dabei sehr wichtig ist: Den Ton gibt der Mensch an – und nicht die Maschine.