(K)Intelligent genug: Künstliche Intelligenz in Deutschland

Künstliche Intelligenz ist branchenübergreifend auf dem Vormarsch. Immer mehr Kunden erwarten entsprechende Services. Wer nicht mithält, läuft Gefahr, abgehängt zu werden. Wie ist Deutschland aufgestellt?

Warnung vor KI

Ende März 2023: In einem offenen Brief fordern Experten und Führungskräfte aus der IT-Industrie eine sechsmonatige Pause beim Trainieren neuer, leistungsfähiger KI-Systeme. Herausgeber des Briefes ist das gemeinnützige Future of Life Institut, zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Beitrags haben mehr als tausend Personen unterzeichnet. Unter anderem gehören Elon Musk, Tesla-Gründer und Mitgründer von OpenAI oder der Apple-Mitbegründer Steve Wozniak zu den Unterzeichnern.

Ihre Bedenken: Die Entwicklung von künstlicher Intelligenz könnte aus dem Ruder laufen. Laut dem Spiegel fürchten sie unter anderem das massenhafte Aufkommen von neuartiger Propaganda und den Abbau von bestimmten Arbeitsstellen. Leistungsstarke KI-Systeme sollten erst dann entwickelt werden, wenn sichergestellt ist, dass sie dem Wohle der Menschheit dienen und die Risiken überschaubar wären.

Die Intelligenzexplosion

Ein weiterer Aspekt, den Forscher auf dem Gebiet KI teils in freudiger Erwartung, aber auch mit Misstrauen beobachten, ist die sogenannte Intelligenzexplosion. Hierbei geht es im Kern um die Idee, dass eine künstliche Intelligenz irgendwann ausreichend programmiert ist, um selbst eine fortgeschrittene KI zu programmieren. Vielleicht sogar eine, die weiter entwickelt ist als sie selbst. Und genauso wäre dann wiederum das Nachfolgeprodukt noch ein bisschen besser programmiert. Dies könnte dazu führen, dass die so entstehende „Super-KI“ den menschlichen Geist übertrifft.

Falls ein solches Programm mit den falschen Absichten kreiert werden würde, so warnen Wissenschaftler überall auf der Welt davor, könnte eine solche KI den Menschen deutlich überlegen sein – und sie bedrohen.

„Wenn das passiert, könnten wir uns einer Intelligenzexplosion gegenüber sehen, die in Maschinen resultiert, deren Intelligenz die unsere in einem Maße übertrifft wie die unsere die Intelligenz von Schnecken.“ – Physiker Stephen Hawking

Nutzen von KI

Nun stellt sich die Frage: Wo setzen wir künstliche Intelligenz überhaupt schon ein? Eine Maschine gilt dann als künstlich intelligent, wenn sie menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen und Kreativität imitieren kann.

Zu den Einsatzgebieten von künstlicher Intelligenz gehören: 

  • Persönliche digitale Assistenten am PC oder im Smartphone
  • Intelligente Klimatechnik
  • Das Internet der Dinge
  • Autonome Autos
  • Online-Shopping und Werbung
  • Websuche, Automatische Übersetzung und Cybersicherheit
  • Optimierung von Produkten und Vertriebswegen
  • Smart Farming
  • Roboter in Fabriken

Maßnahmen der Bundesregierung

Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gehört Deutschland zu den führenden Nationen, was die Forschung und Entwicklung von Künstlicher Intelligenz angeht. Schon vor Jahren hat das Bundeskabinett die Strategie Künstliche Intelligenz der Bundesregierung beschlossen. Ihr Ziel: Die Erforschung, Entwicklung und Anwendung von KI im internationalen Wettbewerb zu stärken. Dazu hatte die Regierung bis 2025 insgesamt fünf Milliarden Euro bereitgestellt.

Mit der KI-Strategie agiert die Bundesregierung auf zwölf Handlungsfeldern. Dabei steht der Auf- und Ausbau von KI-Ökosystemen in Deutschland und Europa im Vordergrund. Außerdem soll diese Strategie die Anwendung von KI in der Breite stärken sowie die Sichtbarkeit herausragender Initiativen und Strukturen fördern. „AI Made in Europe“ soll sich zu einem Markenzeichen entwickeln. 

Mehr KI-Fachkräfte

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung ergänzt diese Pläne: Insbesondere verfolgt es das Ziel, die Attraktivität des Forschungs- und Wissenschaftsstandortes Deutschland im Bereich KI zu stärken. Dazu hat das Ministerium eine Reihe von Maßnahmen geplant:n>

  • Das Land soll mehr KI-Fachkräfte ausbilden, anwerben und in Deutschland halten.
  • Im Land sollen leistungsstarke und international sichtbare Forschungsstrukturen entstehen und durch Bündelung und Vernetzung stärker werden.
  • Es sollen modernste KI- und Rechnerinfrastrukturen auf international konkurrenzfähigem Niveau bereitstehen.
  • Ausgehend von exzellenten Forschungs- und Transferstrukturen soll die Anwendung von Forschungsergebnissen in gesellschaftlich relevanten Bereichen und in der betrieblichen Praxis, insbesondere im Mittelstand, vorangetrieben werden.
  • Die Bundesregierung plant, die Gründungsdynamik anzukurbeln und die Entwicklung KI-basierter Geschäftsmodelle fortzuentwickeln.
  • Zuletzt will sie die zivilgesellschaftliche Vernetzung und den gesellschaftlichen Dialog unterstützen.

Handlungsbedarf

Allerdings gibt es auch Ausbaubedarf innerhalb der KI-Technologie der Bundesrepublik. Zwar ist Deutschland gerade bei Themen wie Lernende Systeme oder Maschinellem Lernen auf weltweit führendem Niveau, allerdings gibt es Ausbaubedarf bei Dingen wie dem Technologietransfer, dem Rechtsrahmen oder der digitalen Infrastruktur. Weil der Zugang zu den Daten, die Maschinelles Lernen benötigt, oftmals beschränkt ist, muss die Menge an nutzbaren und qualitativ hochwertigen Daten deutlich wachsen.

Wie Deutschland im internationalen Vergleich steht, hat 2019 der Government Artificial Intelligence Readiness Index von Oxford Insights offengelegt. Dieser nahm Metriken wie die Infrastruktur und Datenverkehr, Bildung, Regierungsservices und öffentliche Services unter die Lupe und errechnete daraus eine Gesamtwertung. Zum Vergleich: China liegt bei 7,37, Japan mit 8,5 deutlich darüber. Deutschland erreichte 8,81 und die USA 8,6. Spitzenreiter war das Vereinigte Königreich mit einer 9,0. Seitdem ist jedoch einiges passiert.

Zukunftstreiber KI

Laut der Tagesschau hat sich der Komplex KI in den vergangenen paar Jahren derartig schnell entwickelt, dass Deutschland fast schon abgehängt ist. 73 Prozent aller großen KI-Modelle kommen aus den USA, 15 Prozent aus China. Digitalexperten warnen davor, dass Europa und Deutschland nicht mehr aufholen können. Das große Problem ist nach wie vor die digitale Infrastruktur. Und auch bei der Rechenleistung besteht deutlicher Ausbaubedarf.

Problematisch ist das vor allem darum, weil deutsche Unternehmen, die KI nutzen wollen, oftmals auf ausländische Lösungen angewiesen sind. Weil die Datensicherheit in China und den USA längst nicht derartig ausgereift ist wie in Europa, sind hier gewisse Lücken im Datenschutz keine Seltenheit. Der Zugang zu einer deutschen KI-Recheninfrastruktur sei ein wichtiger Hebel für kleine und mittelgroße Firmen.

Nur so könne Deutschland den Rückstand zu Amerika und China aufholen. Experten gehen davon aus, dass dieser derzeit etwa anderthalb Jahre beträgt. „Die Reduzierung einseitiger Abhängigkeiten ist daher auch eine geopolitische Notwendigkeit, damit Deutschland auch bei außenpolitischen Spannungen digital voll handlungsfähig ist. Dieses Ziel sollte die Strategie folglich mit hoher Priorität adressieren“, erklärt Dr. Oliver Grün, Präsident des Bundesverband IT-Mittelstand e.V., in einer Pressemeldung.

Titelbild: © xy / stock.adobe.com

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