Die Art und Weise, wie HR-Abteilungen mit Mitarbeitern kommunizieren und interagieren, befindet sich durch Künstliche Intelligenz in einem Wandlungsprozess. Doch welche konkreten Auswirkungen hat dies auf die Arbeitswelt? Wie profitieren Mitarbeiter von den neuen Technologien, und welche Herausforderungen gilt es zu bewältigen? Um diese Fragen zu beantworten, sprechen wir mit Thomas Hackmann, Chief People Officer bei coeo.
Thomas Hackmann: Künstliche Intelligenz (KI) wird das Personalwesen grundlegend verändern und bietet zahlreiche effektive Anwendungen. Grundlegend und gleichsam eine der größten Herausforderungen bei der Einführung von KI im HR-Bereich ist die Akzeptanz und das Vertrauen der Mitarbeiter. Der eine oder andere mag befürchten, dass KI ihre Jobs ersetzen könnte oder ihre Privatsphäre gefährdet. Daher ist es wichtig, transparent zu kommunizieren, wie KI eingesetzt wird, und die Vorteile für Mitarbeiter sollten deutlich hervorgehoben werden. Grundsätzlich können KI-basierte Chatbots oder virtuelle Assistenten häufig gestellte Fragen der Mitarbeiter beantworten, Informationen zu Unternehmensrichtlinien liefern und Mitarbeiteranfragen in einer ersten Instanz effizient bearbeiten. Dies kann die HR-Abteilung entlasten und ermöglicht eine schnellere Kommunikation. Gleichwohl muss betont werden, dass den Mitarbeitern gegenwärtig der persönliche Kontakt zu den Kollegen in den HR-Abteilungen weiterhin sehr wichtig ist.
Thomas Hackmann: KI kann den individuellen Weiterbildungsbedarf analysieren, indem sie Mitarbeiterprofile, bisherige Qualifikationen und berufliche Ziele berücksichtigt. Basierend auf diesen Informationen erstellt sie personalisierte Lernpläne, die den Bedürfnissen jedes Mitarbeiters entsprechen und gleichsam den Anforderungen des Unternehmens gerecht werden.
Thomas Hackmann KI kann im Wesentlichen in allen Bereichen des Employee Lifecycle (Attraction, Recruitment, Onboarding, Development, Retention, Offboarding) maßgeblich unterstützen und entlasten. Im Recruiting können KI-gestützte Tools eingesetzt werden, um Bewerber präziser und effizienter zu screenen. Diese analysieren Lebensläufe, Bewerbungen und Social-Media-Profile, um die besten Kandidaten für offene Stellen zu identifizieren. Effiziente Onboarding-Prozesse für neue Mitarbeiter können durch KI erstellt werden, indem sie automatisierte Einführungsprogramme bereitstellt, wichtige Informationen vermittelt und den Fortschritt überwacht. In der Mitarbeiterbindung und dem Talentmanagement kann KI bei der Identifizierung von Talenten innerhalb des Unternehmens unterstützen. Sie kann beispielsweise aufzeigen, welche Mitarbeiter für bestimmte Positionen oder Projekte geeignet sind. KI kann kontinuierliches Feedback sammeln und Leistungsdaten analysieren. Dieses ermöglicht eine gezielte Leistungsverbesserung und individuelle Unterstützung. Diese kontinuierliche Analyse fließt automatisch in das Talentmanagement mit ein. KI kann bei der Vorhersage von Trends und Mustern in Mitarbeiterdaten, z. B. Fluktuation, Anwesenheiten, Time to hire, etc., einen wesentlichen Beitrag leisten. Dadurch können HR-Teams proaktiv Maßnahmen ergreifen, um Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung zu verbessern. KI kann administrative Aufgaben automatisieren und Mitarbeitenden mehr Zeit für strategische und kreative Tätigkeiten verschaffen.
Durch eine automatisierte Bearbeitung von Bewerbungen können Lebensläufe objektiv gesichtet und ohne menschlichen Einfluss bewertet werden. KI-Systemen gelingt es so, die Profile fair auf die Eignung zu der Stelle und dem Unternehmen zu prüfen. In Zeiten, in denen Diversität bei Mitarbeitenden und in Unternehmen immer wichtiger wird, können KI-Anwendungen Daten analysieren, um die Diversität im Team festzustellen. Auf dieser Basis können die Recruitingstrategien angepasst und die Vielfalt im Unternehmen gefördert werden.Thomas Hackmann: Eine personalisierte Kommunikation kann durch KI insofern angestoßen und durchgeführt werden, dass personalisierte Nachrichten und Empfehlungen an Mitarbeiter gesendet werden. Beispielsweise können Erinnerungen an bevorstehende Schulungen, Geburtstagsgrüße oder Anerkennung für gute Arbeit automatisiert verschickt werden. Ebenso kann KI im Bereich Stressmanagement und Work-Life-Balance einen wichtigen Beitrag leisten, indem beispielsweise KI den Arbeitsaufwand überwacht und bei übermäßigem Stress Hinweise ausspricht. Sie kann auch Vorschläge zur Verbesserung der Work-Life-Balance geben.
Thomas Hackmann: Die Einführung von Künstlicher Intelligenz (KI) im Personalwesen ist eine spannende Entwicklung, die sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt. Eine Fragestellung wird sicherlich sein, was mit KI alles getan werden kann und was mit KI getan werden sollte. Wahrscheinlich braucht es einen ethischen Rahmen für den KI-Einsatz, insbesondere im HR-Bereich. Wir müssen gewährleisten, dass KI-Systeme ethisch und verantwortungsbewusst eingesetzt werden. Es wird nicht nur darum gehen, Mitarbeiter im Umgang mit KI-Tools zu schulen, sondern auch mögliche Ängste zu nehmen und die positiven Aspekte zu stärken. Unterm Strich wird die Balance zwischen "menschlichen" Mitarbeitenden und technischer KI entscheidend sein, um die Potenziale von KI im HR-Bereich optimal zu nutzen und gleichzeitig ethische Standards zu wahren.
Titelbild: © coeo Group / Thomas Hackmann