Martin Theinert

Martin Theinert, wie verändert ein Unternehmen den CLV eines Kunden?

Teuer um den Kunden buhlen und ihn dann – ohne großen finanziellen Gewinn – an die Konkurrenz verlieren. Ein Szenario, dem sich Martin Theinert, Client Partner, Meta, bewusst ist. Im Interview erläutert er, wie Unternehmen dem von Beginn an entgegenwirken können. Stichwort: Customer Lifecycle Marketing.

Wie sollte ein Unternehmen mit Kunden umgehen, die nur eine kurze Lebenszeit als Kunde versprechen?

Martin Theinert: Als Ansprechpartner für Metas Telekommunikationskunden im DACH Raum ist es für mich nichts Ungewöhnliches, dass besonders zum Ende eines Fiskaljahres mit aggressiven Angeboten um die Kunden der Wettbewerber gebuhlt wird. Der Markt ist schließlich gesättigt und Wachstum nur durch Abstreiten möglich. Durch ein starkes Unterbieten des Marktpreises oder gar Gewinnen von Kunden über Preisvergleichsportale schaufle ich mir als Anbieter jedoch allmählich mein eigenes Grab: spätestens zum Ablauf der Vertragslaufzeit ist die Gefahr sehr groß, dass mich mein teuer erkämpfter Kunde wieder verlässt, nachdem er nur wenig Wert bei mir gelassen hat. Das Stichwort zur Rettung lautet hier Customer Lifecycle Marketing und Konvergenz.

Kann ich meinen Kunden während seiner Bindung zu mir mit passgenauen Extras versorgen, sagen wir zum Beispiel im Falle eines Mobilfunkvertrags mit einem Streaming Upgrade. Oder aber sogar dem stationärem Internetanschluss. So ist der Aufwand des Vertragswechsels ungleich höher und die Gefahr des Abwandern entsprechend geringer.

Zu welchem Zeitpunkt wird der Customer Lifetime Value eruiert? Und wie, beziehungsweise bis zu welcher Phase lässt er sich optimieren?

Martin Theinert: Die meisten Unternehmen sitzen auf einem mächtigen Schatz: Ihre Kundendaten und Historien. Wer sich eine gute Business Intelligence Unit leistet, ist in der Lage bereits zu Beginn eines Vertragsverhältnisses, teils sogar bereits bei der Kalkulation des Angebotes zu prognostizieren, wie lange die damit erreichten Kunden treu bleiben werden. Der größte Fehler ist, zu glauben, dass Marketing in dem Moment endet, wenn ein Kunde unterzeichnet. Das Gegenteil ist der Fall.

Als Unternehmen muss ich ständig kommunizieren. Unterteilt nach Phasen, in der sich meine potenziellen oder aber Bestandskunden befinden. Dies gelingt nur mit einer ausgereiften First Party-Strategie und einem ganzheitlichen Verständnis von Omnichannel-Kommunikation. Silos in Unternehmen müssen zwangsläufig eingerissen werden, damit nicht länger Metriken einzelner Bereiche, wie PR, Brand-Marketing, Performance-Marketing, Bestandskunden-Marketing oder ähnliches das Handeln steuern. Der Kunde sollte immer im Zentrum jeder Entscheidung stehen. Vom Kunden aus sollte gedacht werden. Und das gelingt meiner Einschätzung nach nur in einer Matrixorganisation mit Blick für das Große und Ganze.

Inwieweit hat ein Unternehmen überhaupt Einfluss auf den Customer Lifetime Value?

Martin Theinert: Nun wie zuvor schon erwähnt, lautet das Stichwort Customer Lifecycle Marketing. Wir unterteilen diesen in drei Phasen: Get, Grow, Keep. Aber fangen wir einmal ganz vorne an. Wenn ich in einem wie im Telekommunikationsbeispiel gesättigten Markt agiere und nur Preiskommunikation betreibe, mich nur durch meine aggressiven Angebote definiere, stoße ich schnell auf zwei Probleme:

  1. Die Kunden, die sich im Markt befinden und nach einer GRIPS Typologie in die Gruppe der Schnäppchenjäger fallen, sind teuer zu erreichen und nicht skalierbar.
  2. Sobald der Wettbewerb zum Ende der Vertragslaufzeit mit besseren Konditionen lockt, verliere ich meine Kunden wieder.

Das führt im schlimmsten Fall in eine Spirale, die mich dazu zwingt, meine OPEX Kosten immer weiter zu senken, um auch mit einem immer geringeren durchschnittlichen Wert pro Kunde noch schwarze Zahlen schreiben zu können.

Die Lösung liegt auf der Hand: added value + full funnel. Schaffe ich es, eine Haltung, eine Differenzierung, einen zusätzlichen Wert zu kommunizieren, dann kann ich bereits Kunden meiner Wettbewerber, die eine latente Wechselwilligkeit aufweisen, in meinen Salesfunnel überführen. Günstig. Skalierbar.

Ein Beispiel: Es gibt einen Discounter in Deutschland, der mit seinem Mobilfunkangebot in Umfragen stets als der günstigste genannt wird. Faktisch ist das falsch. Aber die Marke wurde über Jahrzehnte aufgebaut und strahlt eben genau diese Wirkung auf die Mobilfunkangebote ab.

Neben dem puren Preis gibt es aber natürlich noch unzählige weitere Motivatoren, die mich dazu bewegen können, mein bestehendes Vertragsverhältnis zu beenden und zu wechseln. Und dann eben genau mit dem gewünschten Effekt: mit einer höheren Preisbereitschaft, einer höheren Loyalität und somit einem höheren Customer Lifetime Value.

Auch hier gilt es, aus der Perspektive der Kunden zu denken, Diversität Einfluss geben zu lassen. Was sind die Motivatoren im Alltag der Menschen, um die Wechselwilligkeit zu beeinflussen, was sind gegebenenfalls auch Ängste, die gegen einen Vertragswechsel sprechen? Wie bekomme ich diese Botschaften in meine Werbemittel und wie schaffe ich es, diese Werbemittel zur richtigen Zeit an die richtigen Personen auszuspielen?

Wir begleiten unsere Kunden auf genau dieser Reise, um letztendlich den ersten Teil des Customer Lifecycles auszugestalten, in dem es um das Gewinnen von Neukunden geht, bevor dann der noch viel wichtigere zweite Teil beginnt: Wie bringe ich meine Bestandskunden zu höheren monatlichen Investitionen und gleichzeitig geringerer Churn-Wahrscheinlichkeit.

Ob Unternehmen Einfluss auf den Customer Lifetime Value haben, fragten Sie? Ja, allerdings.

Teile den Artikel: