Künstliche Intelligenz gilt als eine der bedeutendsten Transformationskräfte unserer Zeit. Und dennoch fällt vielen Unternehmen der produktive Umgang mit der Technologie schwer. Die neue IBM CEO Study 2025 offenbart eine zentrale Diskrepanz: Während Investitionen in KI massiv steigen, bleibt der messbare Nutzen in vielen Fällen aus.
Das IBM Institute for Business Value hat für diese Studie gemeinsam mit Oxford Economics weltweit 2.000 CEOs aus 33 Ländern und 24 Branchen befragt. Das Ziel: Herauszufinden, wie Führungskräfte den Einfluss von generativer KI auf ihre Geschäftsmodelle bewerten und wo sie noch zurückfallen. Die Studie identifiziert fünf sogenannte „Mindshifts“: notwendige Veränderungen im Denken und Handeln, die darüber entscheiden, ob Unternehmen KI als echten Wachstumstreiber nutzen oder in technologische Sackgassen laufen.
1. Investieren ohne Ziel
Laut der Studie befinden sich 60 Prozent der Unternehmen weiterhin nur im Pilotstadium – und das, obwohl viele bereits 2024 angekündigt hatten, Künstliche Intelligenz im großen Maßstab einzuführen (S. 35). Gleichzeitig gaben 64 Prozent der CEOs an, Technologien zu kaufen, bevor sie deren geschäftlichen Nutzen vollständig verstehen. Diese voreiligen Investitionen sind vor allem von der Angst getrieben, den Anschluss zu verlieren (S. 18).
Diese Diskrepanz zwischen Aktion und Orientierung ist gefährlich. Sie führt zu ineffizientem Ressourceneinsatz, organisatorischem Blindflug und verpassten Chancen. Der Blick auf die Ergebnisse bestätigt das: Nur ein Viertel der KI-Initiativen bringt den erwarteten Return on Investment, und lediglich 16 Prozent wurden bislang unternehmensweit skaliert (S. 50).
Bei coeo verfolgt man diesen Wandel bewusst mit einer klaren technologischen Ausrichtung. Sebastian Ludwig, CEO der coeo Group, betont:
„Das ist eine disruptive Technologie, die Märkte verändern wird – und unsere Branche betrifft das ganz konkret.”
2. ROI oder Rückschritt
Zwar herrscht großer Optimismus: 85 Prozent der CEOs erwarten bis 2027 eine positive Rendite für KI-Investitionen zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung, 77 Prozent auch für wachstumsorientierte, skalierte KI-Projekte (S. 53). Doch dieser Glaube an die Technologie droht in die Irre zu führen, wenn die strategische Klarheit fehlt.
Tatsächlich sagen nur 52 Prozent der CEOs, dass ihr Unternehmen überhaupt Mehrwert aus generativer KI generiert, der über Kostensenkung hinausgeht (S. 51). Viele Unternehmen nutzen KI, um bestehende Abläufe zu optimieren – nicht, um neue Geschäftspotenziale zu erschließen. Die gute Nachricht: Ein Wandel setzt ein. 65 Prozent der CEOs priorisieren mittlerweile KI-Anwendungen, die klar auf wirtschaftliche Ergebnisse einzahlen. 68 Prozent verfügen über ein strukturiertes System zur Bewertung von Innovationsinitiativen (S. 50).
Ein Beispiel für eine strategisch durchdachte Umsetzung liefert die coeo Group. Kevin Yam, Chief AI Officer, erklärt:
„Wir haben ein starkes Team aus Spezialisten aufgebaut, das alle Themen im Bereich Deep Learning und AI abdeckt. Unser Ziel war es, ein KI-Ökosystem zu entwickeln, das speziell auf das Forderungsmanagement zugeschnitten ist.“
Es zeigt sich also: Reine Leuchtturmprojekte und Proof-of-Concepts reichen nicht mehr aus. Unternehmen müssen gezielt in solche Anwendungen investieren, die einen klaren Beitrag zur Wertschöpfung leisten – etwa durch höhere Abschlussquoten, optimierte Preisgestaltung oder präzisere Risikoanalysen. Entscheidend ist dabei nicht die Innovationshöhe, sondern die Geschäftsnähe der Lösung.
3. Ohne Daten kein Durchbruch
Wer Künstliche Intelligenz erfolgreich einsetzen will, muss mit den Grundlagen beginnen. Und das bedeutet: hochwertige, strukturierte und zugängliche Daten. 72 Prozent der befragten CEOs sagen, dass unternehmenseigene, proprietäre Daten der wichtigste Erfolgsfaktor für generative KI sind (S. 40). Doch in der Praxis zeigt sich ein anderes Bild: Die Hälfte der Unternehmen kämpft mit zersplitterten und unverbundenen Technologiesystemen, die eine konsistente Datennutzung erschweren (S. 40). Zudem ist die Realität von isolierten Datenbeständen und unklarer Verantwortlichkeit geprägt. Die Studie beschreibt diese Situation als „Digital Debt“ – ein wachsender Rückstand in der technologischen Infrastruktur, der Veränderung ausbremst statt sie zu beschleunigen.
Wer künstliche Intelligenz sinnvoll nutzen will, muss also zunächst die Grundlagen dafür schaffen: klare Verantwortlichkeiten, zentrale Datenplattformen, einheitliche Schnittstellen und verlässliche Governance-Strukturen.
Wie transformative Wirkung durch eine gute Datenstrategie aussehen kann, beschreibt Tamara Vrooman, CEO der Vancouver Airport Authority, so: „Daten […] helfen nicht nur dabei, Herausforderungen und Streitpunkte zu beseitigen, sondern auch dabei, Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen – etwa für neue Services oder Geschäftsbereiche.“
Auch bei coeo wird der Einsatz von KI deutlich mit Daten in Verbindung gebracht. Sebastian Ludwig betont:
„Insbesondere, weil es sich beim Inkasso um ein sehr datengetriebenes Business handelt und wir stark auf Kundenkommunikation ausgerichtet sind, ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz prädestiniert.“
4. Köpfe für KI
Technologie allein bringt keinen Wandel, wenn es an Menschen fehlt, die sie verstehen, anwenden und weiterentwickeln. Die Studie geht davon aus, dass innerhalb der nächsten drei Jahre 31 Prozent der heutigen Belegschaft neu qualifiziert werden müssen, um den Anforderungen durch KI gerecht zu werden (S. 63). Gleichzeitig berichten 54 Prozent der CEOs, dass sie heute bereits für Rollen rekrutieren, die vor einem Jahr noch nicht existierten.
Viele Unternehmen setzen deshalb auf eine Kombination aus interner Qualifizierung und neuen Arbeitsmodellen. IBM spricht hier vom sogenannten „build, buy, bot, borrow“-Ansatz: Talente im Unternehmen weiterentwickeln, neue Fachkräfte extern rekrutieren, Aufgaben durch KI automatisieren und spezialisierte Partner einbinden, um Kompetenzlücken zu schließen (S. 62).
Aiqing Yang, CEO des Solarkonzerns JA Solar, formuliert es in einem Bild: „Da sich die Anforderungen der Zeit verschieben, müssen wir auch unsere Talentstruktur reformieren … Um mit Unsicherheit umzugehen, müssen wir einen Kreis von Verbündeten pflegen. In stürmischen Gewässern kentert ein einzelnes Boot leicht – aber eine Flotte kann weit segeln.“ (S. 65).
Diesen Punkt hat man auch bei coeo verstanden, wie Sebastian Ludwig berichtet: „Bei coeo haben wir eine spezialisierte AI Operations-Einheit etabliert, die kontinuierlich ausgebaut wird – mit Teams für Performance Monitoring, Nutzererlebnis und Kundenservice, die gezielt auf den produktiven Einsatz von KI ausgerichtet sind.“
5. KI als Brandbeschleuniger
Der vielleicht folgenreichste Befund der Studie: 68 Prozent der CEOs bestätigen, dass KI bereits heute zentrale Elemente ihres Geschäfts verändert (S. 26). Sie sprechen nicht nur von effizienteren Prozessen, sondern von einem tiefgreifenden Wandel dessen, was ihr Unternehmen im Kern ausmacht. Das IBM-Team bezeichnet diesen Prozess als „AI-fueled creative destruction“. Gemeint ist damit die kreative Zerstörung bestehender Strukturen durch den Einsatz von KI.
Was heute noch als funktionierender Prozess gilt, kann morgen zum Innovationshemmnis werden. Um das Potenzial von KI voll auszuschöpfen, müssen Unternehmen jedoch ein radikales Umdenken einleiten. Wer bestehende Prozesse lediglich digitalisiert, verpasst die eigentliche Chance: das Geschäftsmodell neu zu denken. Das bedeutet auch, dass Unternehmen veraltete Systeme aktiv abschalten müssen, um Raum für echte Innovation zu schaffen.
Wie coeo diesen Wandel mitgestaltet, erklärt Kevin Yam, Chief AI Officer:
„Mit cAI haben wir eine integrierte Conversational AI-Plattform aufgebaut, die wir – auf Basis von Marktdaten und internen Benchmarks – als eine der leistungsstärksten Lösungen weltweit einschätzen. Was als Lösung für das Forderungsmanagement begonnen hat, entwickelt sich zunehmend zu einer generalistischen Plattform für automatisierte Kommunikation und Entscheidungsprozesse – mit Relevanz weit über unsere Branche hinaus.“
Es braucht mehr als Technologie
Die IBM CEO Study 2025 zeigt deutlich: Wer Künstliche Intelligenz strategisch nutzen will, muss sein Unternehmen neu ausrichten. Nicht die Technologie allein entscheidet über den Erfolg, sondern ihre Einbettung in klare Ziele, saubere Datenstrukturen, realistische Anwendungsfelder und ein motiviertes, befähigtes Team.
Die fünf Mindshifts, die die Studie beschreibt, sind keine abstrakten Managementideen. Sie sind konkrete Handlungsaufforderungen. Sie fordern CEOs dazu auf, alte Routinen zu hinterfragen, bestehende Prozesse kritisch zu prüfen und sich auf die disruptiven Möglichkeiten von KI wirklich einzulassen.
Oder wie es in der Studie selbst formuliert steht: „CEOs, die weiterhin auf bestehende Geschäfts-, Betriebs- und Governance-Modelle setzen, stecken in der Vergangenheit fest. In der heutigen, äußerst disruptiven Umgebung könnte das das größte Risiko überhaupt sein.” (S. 53).