Digitale Währungen und globale Zahlungssymbole auf futuraler Benutzeroberfläche

Code statt Cash

Europa verabschiedet sich schrittweise vom Bargeld und zwar schneller, als viele erwartet hätten. Die neue „Payments and Open Banking Survey 2025“ von Strategy&, der Strategieberatung von PwC, zeigt: In nur sechs Jahren hat sich das Zahlungsverhalten der Europäerinnen und Europäer grundlegend verändert. Während 2018 noch 43 Prozent der befragten Verbraucherinnen und Verbraucher angaben, beim Einkaufen oder für Dienstleistungen am liebsten bar zu zahlen, sind es 2024 nur noch 23 Prozent.

Besonders deutlich ist der Wandel in Ländern, die lange als Bargeldhochburgen galten: Im Zeitraum von 2022 bis 2024 sank die Barpräferenz in Deutschland um 19 Prozentpunkte, in Spanien sogar um 23 und in Frankreich um 14 Prozentpunkte. Nur Österreich bildet eine Ausnahme – dort ist Bargeld laut der Erhebung von Ende 2024 noch immer das bevorzugte Zahlungsmittel.

Die Hauptgründe, warum Menschen weiterhin Bargeld bevorzugen, bleiben laut Studie konstant: Viele geben an, nur in bar zahlen zu können, empfinden es als einfacher oder schätzen den Überblick über ihre Ausgaben. Dennoch ist klar: Bargeld wird zur Nische. Strategy& geht davon aus, dass sich die Bargeldpräferenz künftig auf einem Niveau zwischen 10 und 20 Prozent einpendeln dürfte.

Quelle: Payments and Open Bank Survey 2025, S.8

Debit auf dem Vormarsch

2024 markiert einen historischen Wendepunkt: Erstmals ist die Debitkarte die bevorzugte Zahlungsmethode der europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher. Laut Strategy&-Erhebung nutzen 40 Prozent der Befragten am liebsten Debitkarten, gefolgt von 23 Prozent, die weiterhin bar bezahlen. Auf den weiteren Plätzen folgen Kreditkarten (22 Prozent) und mobile Wallets (14 Prozent).

Dabei zeigen sich klare demografische Unterschiede:

  • Frauen bevorzugen Debitkarten deutlich häufiger als Männer.
  • Männer wiederum sind offener gegenüber Kreditkarten.
  • Jüngere Konsumentinnen und Konsumenten (18–34 Jahre) nutzen am häufigsten mobile Wallets wie Apple Pay oder Google Pay.
  • Und Geringverdienerinnen und -verdiener bleiben der Barzahlung überdurchschnittlich treu.

Die Debitkarte wird damit zum Symbol des digitalen Alltags: schnell, einfach, überall verfügbar. Vor allem kontaktlose Zahlungen und die Integration in Wallets beschleunigen den Siegeszug.

Ära der Super-Apps

Neben den klassischen Banken drängen neue Player in den Zahlungsmarkt und gewinnen rasant an Bedeutung. Wie die Studie zeigt, haben nicht-traditionelle Anbieter wie Apple Pay, PayPal und Revolut „massiv an Reichweite gewonnen“ und beginnen, Bankbeziehungen zu verdrängen.

Laut der Studie übernehmen Digitale Wallets zentrale Funktionen des Zahlungsverkehrs, vom täglichen Einkauf bis zu Überweisungen und bauen so eine neue Kundenschnittstelle auf. Dabei zählen Apple Pay mit über 740 Millionen Nutzerinnen und Nutzern, PayPal mit 430 Millionen und Revolut mit 45 Millionen zu den dominierenden Plattformen. 

Die Strategie dieser Player ist klar: Sie positionieren sich nicht mehr nur als Zahlungsmittel, sondern als multifunktionale Finanzplattformen mit Peer-to-Peer Zahlungen (P2P), Kreditfunktionen, Cashback, Versicherungen und Investmentangeboten. Strategy& spricht von einer „Super-App-Ambition – auch für Europa“.

Digitaler Euro”: Zwischen Neugier und Unwissen

Ein weiteres Schwerpunktthema ist das digitale Zentralbankgeld (CBDC), insbesondere der „Digitale Euro“. Strategy& fragte Konsumentinnen und Konsumenten in den Euro-Ländern, ob sie sich vorstellen könnten, eine digitale Version des Euro zu nutzen. Das Ergebnis ist gespalten:

  • 37 Prozent der Befragten haben noch nie vom Digitalen Euro gehört,
  • 11 Prozent kennen ihn, wissen aber „nicht genug, um zu urteilen“,
  • 18 Prozent würden ihn statt Bargeld nutzen,
  • weitere 16 Prozent statt digitaler Zahlungsmethoden wie Karte oder PayPal,
  • und 18 Prozent würden ihn eher nicht verwenden.

Damit zeigt sich: Der „Digitale Euro“ ist noch ein erklärungsbedürftiges Konzept. Doch das Potenzial ist da. Immerhin kann sich bereits heute, lange vor einer möglichen Einführung, ein Drittel der Befragten vorstellen, ihn zu verwenden.

Der Wunsch nach Überblick

Ein Kernergebnis der Studie: Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen sich eine zentrale Plattform, auf der sie alle Finanzen im Blick haben, von Konten über Kreditkarten bis zu Pensionsansprüchen.

Fast alle untersuchten Märkte zeigen denselben Trend: „Einfachheit und Übersichtlichkeit“ sind wichtiger als zusätzliche Services. Nur Bonusprogramme oder Sonderangebote stoßen auf breitere Zustimmung, während Funktionen wie Kredite oder Rechnungsmanager deutlich weniger Relevanz besitzen.

Damit einher geht eine wachsende Offenheit für Open Banking: 63 Prozent der Befragten sind bereit, ihre Finanzdaten zu teilen, wenn sie dafür klare Vorteile erhalten – etwa personalisierte Angebote, Belohnungen oder Zusatzservices.

Allerdings herrscht beim Vertrauen ein deutliches Gefälle:

  • Traditionelle Banken genießen mit 51 Prozent das größte Vertrauen,
  • Zahlungsdienstleister (PSPs) folgen mit 37 Prozent,
  • FinTechs und Neobanken liegen mit 20 Prozent dahinter.

Interessant ist auch der Blick in einzelne Länder: Besonders Türkei, Spanien und Großbritannien zeigen eine hohe Bereitschaft, Daten zu teilen, mit Zustimmungswerten von bis zu 80 Prozent.

Banken unter Druck

Was früher undenkbar schien, wird Realität: Immer mehr Menschen können sich vorstellen, ein Konto bei einem Nicht-Bank-Anbieter zu eröffnen. Zwischen 2022 und 2024 ist die Bereitschaft dazu durchschnittlich von 43 auf 70 Prozent gestiegen.

Zu den attraktivsten „Bank-Alternativen“ zählen:

  • PayPal (48 Prozent),
  • Google (27 Prozent),
  • WhatsApp (22 Prozent),
  • Apple (20 Prozent),

während 30 Prozent angeben, bei keinem dieser Anbieter ein Konto eröffnen zu wollen.

Die Motive sind klar: Preis, Belohnungen und Komfort. Laut Studie würden 38 Prozent der Befragten wegen günstigerer Konditionen wechseln, 35 Prozent wegen Rewards-Programmen und 29 Prozent aus Gründen der Bequemlichkeit. Lediglich ein Viertel (26 Prozent) lehnt einen Wechsel zu Nicht-Banken grundsätzlich ab.

Zugleich verschieben sich die Erwartungen an Banken. 2025 ist die „Qualität der mobilen Banking-App“ erstmals das wichtigste Kriterium bei der Bankwahl – noch vor kostenlosen Konten oder niedrigen Gebühren für Bargeldabhebungen.

„Die Banking-App ist mittlerweile der wichtigste Faktor für das Bankerlebnis und hat kostenlose/günstige Bargeldabhebungen als oberste Priorität abgelöst. Die Nähe von Filialen hat für Verbraucher weiter an Bedeutung verloren.“ (S. 14)

Dieser Satz bringt die Lage auf den Punkt: Die klassische Filiale verliert ihre Bedeutung, die App wird zum eigentlichen Gesicht der Bank. Nur in Frankreich spielt die Nähe zu Filialen laut Studie noch eine nennenswerte Rolle.

Vier Handlungsfelder für die Zukunft

Strategy& leitet aus den Ergebnissen vier zentrale Handlungsfelder ab, die Banken, Zahlungsdienstleister und FinTechs berücksichtigen sollten:

  1. Wettbewerbsfähigkeit mit Non-Bank-Angeboten sichern:
    Banken sollten laut Strategy& eigene Apps und Wallets stärken, um gegenüber Apple Pay oder Revolut nicht an Relevanz zu verlieren. Gleichzeitig empfiehlt die Studie, gezielte Partnerschaften mit großen Wallet-Anbietern einzugehen, um den Zugang zur Kundenschnittstelle zu wahren.
  2. Open-Banking-Daten gezielt nutzen:
    Daten aus Open Finance könnten für personalisierte Angebote, Next-best-Action-Empfehlungen oder Finanzplanungsservices eingesetzt werden. Dies ermögliche neue Erlösquellen und verbessert die Kundenerfahrung.
  3. Bargeldzugang neu denken:
    Trotz digitaler Dominanz bleibe der Zugang zu Bargeld ein gesellschaftliches Thema. Strategy& nennt als Lösungswege etwa ATM-Partnerschaften zwischen Banken, Kooperationen mit Händlern für Bargeldauszahlungen oder die Integration von digitalen Alternativen wie CBDCs.
  4. Länderspezifische Strategien entwickeln:
    Die Studie betont, dass Zahlungspräferenzen und digitale Reife stark variieren: von Wallet-getriebenen Märkten wie Spanien bis zu lokal dominierten Systemen wie der Schweiz. Erfolgreiche Anbieter passten ihr Angebot an lokale Besonderheiten und Regulierungen an.

Der digitale Alltag wird zum Standard

Die Studie zeigt: Das Zahlungsverhalten in Europa steht an einem historischen Wendepunkt. Was sich 2018 erst abzeichnete, ist 2025 Realität: Das digitale Bezahlen ist zum neuen Normal geworden. Bargeld bleibt, wo es pragmatisch ist: etwa für kleine Beträge oder Budgetkontrolle. Doch in der Breite verschiebt sich der Alltag klar in Richtung Debitkarten, Wallets und datengetriebene Plattformen.

Die Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass sich das Vertrauen, die Gewohnheiten und die Erwartungen der Konsumentinnen und Konsumenten verschieben: weg von physischen Strukturen, hin zu intelligenten, personalisierten digitalen Ökosystemen. Für Banken und Zahlungsanbieter bedeutet das: Sie müssen schneller innovieren, stärker kooperieren und die Kundenschnittstelle digital neu besetzen.

Titelbild: © Vladimir

Quellen:

PwC Strategy& „Payments and Open Banking Survey 2025“, Mai 2025. Verfügbar unter: https://www.strategyand.pwc.com/de/de/presse/open-banking-and-payments-survey-2025.html [Stand: Oktober 2025].

Teile den Artikel: